Heute gibt es interessante Neuigkeiten aus der Ostsee und der Nordsee.
Hier hat das Vereinigte Königreich seine Rolle im Kampf gegen Russlands Schattenflotte ausgeweitet – ein weit verzweigtes Netzwerk alter, nicht versicherter Öltanker, das dazu dient, Sanktionen zu umgehen und den Krieg in der Ukraine zu finanzieren. Doch es geht nicht nur um Öl: Die wachsende Präsenz dieser Flotte in der Nähe kritischer Infrastruktur und ihr offener Bruch internationaler Seerechtsnormen haben sie zur Frontlinie in einem umfassenderen hybriden Konflikt gemacht.

Das Vereinigte Königreich hat sich nun den nordischen und baltischen Staaten in einer gemeinsamen Erklärung angeschlossen, in der koordinierte Maßnahmen zur Durchsetzung, Verfolgung und Unterbindung der Schattenflotte zugesichert werden – und damit ist Großbritannien nun im Zentrum der NATO-Blockade im Baltikum angekommen.

Auslöser war der 16. Juni, als eine russische Korvette zwei Tanker der Schattenflotte offen durch den Ärmelkanal eskortierte – eine Machtdemonstration gegenüber dem Westen und ein Signal, dass Moskau bereit ist, militärische Mittel zum Schutz illegaler Transporte einzusetzen. Zwei Tage später reagierte London mit der Sanktionierung von 20 weiteren Schiffen, die mit der Flotte in Verbindung stehen, sowie der Bekämpfung ihrer Finanz- und Unterstützungsnetzwerke – und trat offiziell der Blockade bei.

Diese Eskalation kam nicht überraschend. Bereits im Januar hatte Großbritannien im Rahmen der Joint Expeditionary Force die Operation „Nordic Warden“ mitinitiiert – ein multinationaler Einsatz zur Überwachung der Schattenflotte und zum Schutz der Unterwasserinfrastruktur.

Dabei gelang es der Royal Navy, mehrere russische Spionagesensoren in britischen Gewässern zu bergen – Geräte, die offenbar dazu dienten, Sonarsignaturen britischer U-Boote zu verfolgen und Unterseekabel für mögliche Sabotageakte zu kartieren.

Dieser Vorfall fügt sich in ein größeres Bild ein: Russland umgeht nicht nur Sanktionen, es testet gezielt Europas Verteidigungsbereitschaft – und nutzt seine Handelsflotte sowohl als Einnahmequelle als auch als Mittel zur Sabotage.

Als Reaktion darauf wechselte das Vereinigte Königreich von der passiven Überwachung zur aktiven Störung. Am 9. Mai stellte London das bisher größte Sanktionspaket vor, das 100 Tanker betraf – verbunden mit mehr als 24 Milliarden Dollar an Ölexporten. Inzwischen ist die Zahl auf 140 Schiffe sowie dutzende Unternehmen angewachsen, die vom britischen Markt ausgeschlossen wurden. Diese Maßnahmen sind nicht symbolisch: Tanker der Schattenflotte fahren oft ohne Versicherung, mit ausgeschalteten Transpondern und durch belebte Schifffahrtsrouten. Das birgt nicht nur Umweltgefahren, sondern bedroht auch Energieinfrastruktur. Für das Vereinigte Königreich ist dies eine Frage der nationalen Sicherheit – nicht nur eine Sanktionierungspolitik.

Großbritanniens operative Rolle in der Blockade stützt sich stark auf seine geografische Lage. Russische Ölexporte aus Ust-Luga und Primorsk müssen die dänischen Meerengen passieren – ein natürlicher Engpass zwischen Nordsee und Ostsee. Britische Marinepatrouillen operieren jetzt durch Skagerrak und Kattegat, in enger Abstimmung mit dänischen und schwedischen Kräften rund um Bornholm und Gotland. Überwachungsflugzeuge verfolgen Tanker, die ihre Ortungssysteme deaktivieren oder verdächtige Routen einschlagen.

Es geht nicht darum, jedes Schiff zu entern – sondern die Möglichkeiten so stark zu begrenzen, dass es für die Schattenflotte keinen Fluchtweg mehr gibt.

Großbritannien bringt dabei technische Fähigkeiten ein, die andere Länder nicht besitzen. P-8 Poseidon-Flugzeuge, mit Sonar ausgestattete Fregatten und spezialisierte Teams zur Überwachung des Meeresbodens – ursprünglich für den U-Boot-Krieg vorgesehen – werden nun eingesetzt, um Sabotagegefahren zu erkennen. Zusätzlich durchkämmen Unterwasserpatrouillen die See nach Geräten wie den russischen Spionagesensoren, die im April entdeckt wurden.

Wenn Russland die Schattenflotte nutzt, um Operationen in der Grauzone zu verschleiern – Spionage, Störsignale, Kabelsabotage, wie bereits im Baltikum geschehen – dann werden britische Systeme zur Frühwarnung unerlässlich. Und diese Systeme sind entscheidend – denn diese Schiffe transportieren nicht nur Öl: Sie tragen geopolitischen Druck mit sich.

Ein größeres Leck könnte die Ostseeküste schwer schädigen. Ein kleiner Kabelschnitt könnte Strom oder Internet in Teilen Europas lahmlegen. Die Schattenflotte ist militärisches Risiko, Umweltbedrohung und wirtschaftliches Druckmittel zugleich. Deshalb ist Großbritanniens Reaktion mehrschichtig – mit Schiffen, Sensoren und Sanktionen in enger Abstimmung.

Insgesamt hat Großbritanniens Einstieg in die Blockade eine regionale Durchsetzungsmaßnahme in eine umfassende Eindämmungskampagne verwandelt. Moskaus Provokationen – von der Eskorte seiner Tanker über Spionage bis hin zu Unterwasseroperationen – haben diesen Strategiewechsel erzwungen. Jetzt, da Großbritannien die westlichen Ausgänge blockiert und die nordischen Staaten die Kontrolle im Norden und Osten verschärfen, schließt sich das Zeitfenster für Schattenoperationen. Russland hat zwar noch Schiffe – aber immer weniger sichere Wege. Und jedes Mal, wenn eines durchschlüpft, trifft es auf mehr Augen, mehr Widerstand – und weniger Chancen, spurlos zu verschwinden.

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