In letzter Zeit ist Russlands wichtigste Luftwaffenbasis in Syrien auf eine Weise bedroht worden, die zuvor nicht erwartet wurde. Was normalerweise als lokaler Sicherheitsvorfall abgetan werden könnte, hat stattdessen die Zerbrechlichkeit der russischen Militärpräsenz offengelegt und tiefere Fragen über ihre zukünftige Rolle im Syrien nach Assad aufgeworfen.

Vor kurzem wurde der russische Luftwaffenstützpunkt Khmeimim im Westen Syriens angegriffen, als mehrere bewaffnete Kämpfer den Außenzaun überwanden und einen Nahkampfangriff auf einen der äußeren Wachposten starteten. Mit Granaten und leichten Waffen lieferten sie sich ein kurzes, aber tödliches Gefecht mit russischen Soldaten. Zwei russische Soldaten wurden getötet, mehrere weitere verwundet, bevor die Angreifer neutralisiert werden konnten. Die Leichen der Angreifer wurden später lokalen Fraktionen zugeschrieben, die lose mit Hay’at Tahrir al-Sham (HTS), einer paramilitärischen Gruppe in Syrien, verbunden sind. Die Gruppe selbst bestritt jedoch jegliche Verantwortung für den Angriff. Dennoch deutet das Maß an Koordination in Verbindung mit Scharfschützengewehren und Granaten darauf hin, dass es sich nicht um eine Einzeltat handelte.

Russische Systeme zur elektronischen Kriegsführung wurden eingesetzt, und mehrere Flugzeuge wurden gestartet, um die Perimeterlinie wieder abzusichern.

Die Luftwaffenbasis Khmeimim ist eines der strategisch wichtigsten militärischen Güter Russlands außerhalb seiner Grenzen. In der Nähe des Hafens von Tartus gelegen, erlaubt sie Russland, den Luftraum über dem Mittelmeer zu kontrollieren, russisch ausgerichtete Einheiten zu versorgen und Machtprojektion im gesamten Nahen Osten aufrechtzuerhalten. Zusammen mit der russischen Marinepräsenz in Tartus fungiert Khmeimim als zentraler Ausgangspunkt für russische Operationen in Syrien und Nordafrika.

Russlands Ziel ist es, den Zugang zu diesen militärischen Einrichtungen im Syrien nach Assad zu bewahren. Der Verlust der Basen würde einen erheblichen Rückschlag für Moskaus regionale Präsenz darstellen und seine Einflussmöglichkeiten in Schlüsselregionen wie dem Roten Meer und dem östlichen Mittelmeerraum schwächen. Allerdings sind die Gespräche zwischen Russland und Syrien über die Zukunft von Khmeimim und Tartus ins Stocken geraten. Nachdem Assad nach Russland geflohen war, forderte Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Sharaa, der die Koalition anführte, die Assad stürzte, dessen Auslieferung im Gegenzug dafür, dass russische Truppen ihre Basen behalten dürfen.

Russland lehnte ab, und seither sind die Verhandlungen eingefroren. Ahmed al-Sharaa erklärte öffentlich, dass er bereit sei, Russland eine fortgesetzte Präsenz zu gewähren – aber nur, wenn diese im Interesse Syriens liege. Moskaus Weigerung, Assad auszuliefern, wird jedoch als rote Linie betrachtet. Als Reaktion darauf haben russische Offiziere in Khmeimim syrischen Zivilisten den Zugang selbst zu den umliegenden Kontrollpunkten und Versorgungszonen eingeschränkt, was die Spannungen mit den lokalen Behörden verschärfte.

Auch intern steht die neue syrische Regierung vor erheblichen Herausforderungen. Ahmed al-Sharaa ordnete an, dass sich alle bewaffneten Gruppen auflösen oder in die neu gegründete syrische Armee integrieren müssen. Ziel ist es, die militärische und politische Kontrolle zu zentralisieren und so einen erneut zersplitterten Nachkriegsstaat zu verhindern. Der Widerstand ist jedoch groß. Viele Gruppen – insbesondere jene mit früheren Verbindungen zu Hay’at Tahrir al-Sham oder ausländischen Kämpfern – ignorieren die Anordnung. Die Angreifer von Khmeimim sollen einer dieser nicht zugeordneten Gruppen entstammen. Es bleibt unklar, ob al-Sharaa den Angriff befohlen, toleriert oder schlichtweg nicht verhindert hat.

Klar ist jedoch, dass die zersplitterte Struktur der militanten Gruppen – von denen einige weiterhin bewaffnet und autonom sind – ein ernstes Risiko für die neue syrische Regierung darstellt. Ein dauerhaftes Verbleiben Russlands könnte dazu führen, dass Moskau das Land von innen destabilisiert oder Abspaltungstendenzen unterstützt, sollte ihm der Einfluss entzogen werden.

Analysten gehen davon aus, dass Russland versuchen wird, seinen Einfluss zu bewahren, indem es entweder direkt militärische Zonen kontrolliert oder befreundete Milizen in strategisch wichtigen Gebieten unterstützt. Berichte deuten darauf hin, dass Russland sich nun in Position bringt, um künftige alawitische Separationsbestrebungen in den Küstenregionen zu unterstützen, wo viele Alawiten – historisch loyal zu Assad – weiterhin Einfluss besitzen. Russland baut dort still und leise Beziehungen auf und bietet alten pro-Assad-Gruppen Schutz und Unterschlupf vor Vergeltung durch die neue syrische Regierung. Diese wiederum lehnt eine langfristige russische Präsenz ab, sofern sie dem Land keinen Nutzen bringt. Moskau könnte daher sein Engagement eskalieren, um seine Interessen zu schützen – was Vorfälle wie den Angriff auf die Khmeimim-Basis politisch explosiv macht.

Insgesamt ist der Angriff auf Khmeimim nicht nur ein lokaler Sicherheitsvorfall; er könnte ein Vorbote für etwas weitaus Größeres sein. Russlands Einsatz informeller militärischer Netzwerke und vager Absprachen mit lokalen Akteuren hat seine Position in Syrien instabil und schwer verteidigbar gemacht. Die neue syrische Führung versucht zwar, die Kontrolle zurückzugewinnen, muss jedoch nun abwägen, ob Russland ein stabilisierender Partner oder eine langfristige Bedrohung ist. Die Zukunft der russischen Militärpräsenz in Syrien wird nicht allein durch Diplomatie entschieden, sondern durch den Einsatz von Druck – in welcher Form auch immer.

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